Die Geschichte der Erlöserkirche

Erlöserkirche 1925
1. Teil aus: Moabiter Heimatbücher Nr. 8 "Evangelische Kirchen u. kirchliches Gemeindeleben" von Carl Schmidt. Oehmigke's Verlagsbuchhandlung, Berlin 1925. Der Verfasser war ab 1912 erster Pfarrer der Erlöserkirche.
"Aber sage, Erlöserkirche, du jüngste unter den Moabiter Kirchen, du Tochter der Heilandskirche, warum siehtst du so eigenartig aus? Kein himmelanstrebender leichter Turm, keine gegliederten Flächen mit Aufteilungslinien aus feinen Formsteinen, nichts Leichtbeschwingtes und Bewegliches! Warum bist du eine so gedrungenen Masse mit ganz niedrigen Turmaufsätzen, die nur 37 Meter aufragen und mit dem brustwehrähnlichen überdachten Gang zwischen den Türmen, in dem die Glocken schwingen? Warum?"
Die Antwort: die Fülle der anstehenden Kirchenneubauten um 1910 forderte finanziellen Tribut. Für jeden Kirchenbau standen fortan nur 200.000 Mark zur Verfügung. Weitere Kosten mussten über Spenden getragen werden. Allerdings wurden für die Erlöserkirche weitere 30.000 Mark bewilligt, da das bis zur Kirchbaustelle reichende große Sumpfloch zunächst mit 100 großen, einzurammenden Baumstämmen zu einem tragfähigen Fundament werden musste.
Bei den Ausschachtungsarbeiten wurden an der Levetzowstraße Zeichen einer Wenden-Siedlung gefunden, deren Bewohner hier an der Spree auch dem Hechtestechen auf den überschwemmten Wiesen nachgingen. Da auch der Stackenzaun um den Kleinen Tiergarten im 17. Jahrundert in der Gegend der Gotzkowskybrücke endete, fanden hier wohl die ersten dauerhaften Ansiedlungen auf dem Gebiete Moabits statt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein guter Platz für ein Gotteshaus!
1909 wurde der Grundstein gelegt. Die Architekten Dinklage und Paulus wählten für die Erlöserkirche, um mit den bescheidenen verbleibenden Mitteln auszukommen, den aus Städtebauten des späteren Mittelalters bekannten niedersächsischen Baustil. Damit erreichten sie ein wirkungsvolle und zweckdienlich Einfügung in die Umgebung. Das Kirchenschiff bot 964 Sitzplätze. Pfarr- und Gemeindehaus wurden in den Kirchenbau integriert.
In der Pflicht, mit geringen finanziellen Mitteln auszukommen, schuf Professor Oetken mit seiner Malkunst ein stimmungsvolles Meisterwerk: Ein hölzernes Tonnengewölbe der Decke, ein mächtiger Triumphbogen mit den Symbolen der Evangelisten, der Altarraum mit der Weihnachtsgeschichte in dem Altarfenster im Stil der perspektivlosen Spätgotik, die Kanzel, die Emporebrüstung, der Schuke-Orgelbau mit 26 Stimmen und als Schlusspunkt 1921 das sich über die große Seitenfläche hinbildende Ehrendenkmal für die Gefallenen.
Der Friedhof der Erlöserkirche ist Teil des Zentralfriedhofs in Stahnsdorf. Der Transport der Verstorbenen erfolgte mit durch die Angehörigen begleiteten Leichenwagen zur Leichenaufnahmehalle am Bahnhof Halensee, von dort aus in der Nacht mit der Bahn nach Stahnsdorf.
2. Teil
28.04.1904 Stadtsynode beschließt Grundstückskauf für den Bau von Kirche und Gemeindehaus
19.08.1909 Seine Majestät der Kaiser genehmigt durch das Königliche Konsistorium den Namen "Erlöserkirche"
18.11.1909 Grundsteinlegung durch Generalsuperintendent Wilhelm Faber
14.05.1911 Feierliche Einweihung der Kirche in Anwesenheit Seiner Königlichen Hoheit Prinz August Wilhelm von Preußen
Sonntag Kantate
01.08.1912 Abzweigung der Erlösergemeinde von der Heilandsgemeinde mit ca. 14.000 Seelen. Damit wird die Gemeinde selbstständig.
Pastor Carl Schmidt von der Heilandsgemeinde wird mit der kommissarischen Verwaltung der 1. Pfarrstelle betraut, mit der 2. Pfarrstelle Hilfsprediger Lic. Dr. Paul Tillich.
01.09.1912 Einweihung des Pfarr- und Gemeindehauses.
07.12.1912 Pastor Carl Schmidt wird einstimmig zum 1. Geistlichen der Erlösergemeinde gewählt.
04.03.1913 Einstimmige Wahl des Pastors Martin Manger zum 2. Geistlichen der Erlösergemeinde
01.04.1913 Errichtung der Schwesternstation mit zwei Schwestern
08.10.1913 Eröffnung der Kleinkinderschule mit 15 Plätzen
02.08.1914 Beginn des 1. Weltkrieges. Gebetsstunden zweimal wöchentlich, später nur noch einmal.
09.10.1921 Einweihung der Ehrentafeln für die Gefallenen
um 1924 Kindergarten um 1924
03.12.1930 Pastor Carl Schmidt stirbt im Alter von 66 Jahren
01.04.1931 Pastor Martin Manger wird pensioniert
Von 58(!) Bewerbern werden für die 1. Pfarrstelle Pfarrer Walter Streckenbach, für die 2. Pfarrstelle Ernst Kornrumpf gewählt
13.07.1932 Pfarrer Martin Manger stirbt 66-jährig im Martin-Luther-Krankenhaus
10.05.1936 Innenraum der Erlöserkirche 25 Jahre Erlöserkirche
01.09.1939 Beginn des 2. Weltkrieges
22.11.1943 Die zerstörte Erlöserkirche Zerstörung der Erlöserkirche und eines großen Teiles des Pfarrhauses bei einem Luftangriff. Die Gottesdienste finden zunächst in einem Zimmer der Schwesternstation, später im Nord-West-Kasino, Alt-Moabit 55 statt.
Der Kindergarten muss geschlossen werden
16.12.1943 Pfarrer Ernst Kornrumpf wird zur Betreuung evakuierter Berliner nach Ostpreußen abgeordnet.
01.04.1945 Pfarrer Ernst Kornrumpf verlässt die Gemeinde und geht nach Oranienburg
01.10.1946 Pfarrer Alfred Schötz beginnt seinen Dienst in der Erlösergemeinde
01.07.1948 Der Kindergarten wird mit 30 Plätzen wiedereröffnet
26.03.1950 Zum ersten Mal seit dem 21. 11. 1943 werden die Glocken wieder geläutet
01.10.1950 Erweiterung der Gemeinde um die sogenannte Spreeinsel. Sie umfasst jetzt 9.200 Seelen
31.03.1952 Pfarrer Walter Streckenbach tritt in den Ruhestand
12.09.1952 Pfarrer Fritz Helbig wird für die 1. Pfarrstelle gewählt
01.11.1953 Beginn des Wiederaufbaus des Gemeindehauses
01.11.1955 Pfarrer Alfred Schötz geht in den Ruhestand
Februar 1956 Der Wiederaufbau der Kirche wird genehmigt
01.03.1956 Pfarrer Dr. Karl Schulz beginnt seinen Dienst in der Erlösergemeinde
11.05.1956 Wiederaufbau der Erlöserkirche Beginn des Wiederaufbaus
09.03.1958 Bischof Dr. Otto Dibelius übergibt in einem Festgottesdienst die wiederaufgebaute Kirche der Gemeinde
24.10.1958 Pfarrer Walter Streckenbach verstirbt
30.04.1960 Pfarrer Fritz Helbig verlässt die Gemeinde und geht nach Frankfurt/Main
Die Verwaltung der Pfarrstelle übernimmt zunächst Pfarrer Lic. Broser
01.11.1960 Hilfsprediger Pastor Dietrich Altmann wird der Gemeinde zur Verfügung gestellt und am 2. September 1962 auf die erste Pfarrstelle berufen
14.05.1961 Feier zum 50jährigen Jubiläum der Erlöserkirche
20.10.1963 Die neue Orgel wird eingeweiht
01.07.1965 Erweiterung der Gemeinde um den Ostteil der Gustav-Adolf-Gemeinde. Errichtung einer 3. Pfarrstelle, die jedoch vorläufig nicht besetzt wird. Die Zahl der Gemeindemitglieder wächst auf 12.000.
22.10.1965 Einer der bedeutensten Theologen und Religionsphilosophen des 20. Jahrhunderts, Paul Tillich, stirbt mit 79 Jahren in Chikago.
Paul Tillich war gemeinsam mit Carl Schmidt ab August 1912 der erste Pfarrer in der Geschichte der Erlösergemeinde.
01.11.1965 Pastor Schloth wird kommissarischer Verwalter der 3. Pfarrstelle
05.12.1965 Pfarrer Alfred Schötz verstirbt
01.05.1967 Pastor Hans Hartmut Hüfner kommt als Hilfsprediger in die Gemeinde und wird am 14. 01. 1968 als Inhaber der 3. Pfarrstelle in sein Pfarramt eingeführt
29.03.1968 Verabschiedung von Pfarrer Dr. Karl Schulz, der in den Ruhestand tritt
Mai 1968 Pastor Pacholik wird als Hilfsprediger tätig und übernimmt ab 1. 9. die kommissarische Verwaltung der 2. Pfarrstelle
14.06.1968 Pfarrer Altmann verläßt die Gemeinde und geht nach London
01.09.1968 Frau Vikarin Eberstein tritt ihren Dienst an
11.07.1969 Umwandlung der 1. Pfarrstelle in eine Pastorinnenstelle, Besetzung durch Pastorin Eberstein
23.01.1970 Neueinrichtung der Taufkapelle
19.02.1971 Pfarrer Pacholik und Pastorin Eberstein teilen mit, dass sie heiraten und die Gemeinde verlassen werden
01.07.1971 Pfarrer Georg Malchin tritt in den Dienst der Gemeinde
01.11.1971 Pastor Ingo Feldt und Pastor Friedrich Gültzow werden mit der Verwaltung der 1. und 2. Pfarrstelle betraut
17.10.1972 Der griechische Kindergarten in der Helmholtzstraße wird errichtet
03.03.1974 Das Jugendhaus "Zinse" wird eingeweiht
27.04.1976 Das Konsistorium verfügt die Streichung der 3. Pfarrstelle
01.10.1976 Pfarrer Ingo Feldt wird vom Berliner Missionswerk nach Japan entsandt
01.12.1976 Pastor Reinhart Fisch kommt als Hilfsprediger an die Erlösergemeinde
28.02.1977 Pfarrer Friedrich Gültzow scheidet aus und geht an eine Steglitzer Gemeinde
01.11.1977 Pfarrer Hans Hartmut Hüfner verlässt die Gemeinde, um nach Chile zu gehen
28.12.1977 Pastorin Annette Reichwald tritt nach erfolgter Ordination ihren Dienst in der Gemeinde an und wird vom Konsistorium mit der Verwaltung der 2. Pfarrstelle betraut
19.09.1980 "Kinderkirche" (KiKi) tritt an die Stelle des Kindergottesdienstes
30.06.1982 Pfarrer Reinhart Fisch verlässt die Gemeinde und setzt seine Arbeit in Alt-Mariendorf fort.
Pfarrerin Annette Reichwald-Siewert geht in den Mutterschaftsurlaub, daher ab
Mai 1982 Pastor Helmut Michel (bis 17. 4. 83) und Pastorin Ulrike Rogatzki als Hilfsprediger an der Erlösergemeinde
30.01.1983 Einführung von Pfarrer Karl Ernst Kleiner, der die 1. Pfarrstelle übernommen hat
06.03.1983 Jubiläumsfeier zum 25. Jahrestag des Wiederaufbaus der Erlöserkirche
