Am 1. März war es endlich soweit: „Richtfest“ im Schulhaus von St. Johannis – kein Neubau, keine Krone im Dachstuhl, aber ein Glas Sekt für viele fachkundig Schaulustige aus allen Werken. Und eine Führung durch die alten Klassenzimmer, Kartenräume und Büros.  

Auf Betreiben von König Friedrich Wilhelm IV., dem architekturverliebten Romantiker mit Italienbegeisterung, wurde St. Johannis bis 1856 durch den bedeutenden Baumeister Friedrich August Stüler erweitert, nicht zuletzt, um das zunehmend sittenverfallende Moabit zu missionieren. Das Alte Schulhaus war als Königliche Elementarschule 1853 dabei erstes Bildungsinstitut in Moabit und zentraler Teil dieses Plans. In seinen jetzigen Ausmaßen rahmte es mit dem Alten Pfarrhaus im architektonischen Stile italienischer Landhausvillen die Kirche mit ihrem neuen Portikus, Arkadengang und Glockenturm.

Nur wenige Jahre nach der Erbauung ging die Schule von kirchlicher in staatliche Hoheit über. 1871 wurde sie durch einen voluminösen östlichen Querriegel um 260 Quadratmeter Grundfläche erweitert, der aber 1948 durch ein Feuer zerstört wurde und nicht wiederaufgebaut. 1967 zog die Schule in den Neubau der heutigen Moabiter Grundschule in der Paulstraße. Das Gebäude mit der Pfarrwohnung im Obergeschoss wurde fremdvermietet.

Die Architektin des Kirchlichen Verwaltungsamts Bettina Richter lobte bei der jetzigen Übergabe nach langen und kostspieligen Restaurationsarbeiten die besondere Verantwortung, die die Kirchengemeinde Tiergarten an diesem baukulturell wichtigen Standort übernommen hat. Auch indem sie über die reine Nutzung und Profiterwirtschaftung den Erhalt für die Gemeinschaft priorisierte. Das Gebäude wird an das evangelische Diakonische Werk vermietet werden, das von hieraus seine soziale Arbeit im Bereich Berlin und Brandenburg koordinieren kann. Die in den frühen Jahren des Gebäudes angestrebte Missionsarbeit wird damit jetzt fortgesetzt. Die beteiligten Gewerke setzten sich und ihrem denkmalgerechten Schaffen ein Zeichen an der Innenseite der Vordertür: „Alte Schule“ verkündigt dort eine Messingplakette, die auch auf das gute und sorgsam ausgeführte Handwerk verweisen soll, mit dem dieses Kleinod der Moabiter Architektur freigelegt und wieder nutzbar gemacht wurde.  

MARTINA KNOLL 

Das Schulgebäude um 1900

Richtfest-Ansprache: Geschäftsführer Simon Gramß, Vertreter der Architekten und des Diakonischen Werks

Früher Klassenzimmer, heute Büro

Freigelegte und konservierte Details, die die Geschichte des Hauses bewahren

Noch in Arbeit: der Original Steinboden von 1853 im Flur des Gebäudes

Der neue Bandraum? Das noch zu renovierende Untergeschoss geht nach Abschluss der Arbeiten fast komplett an die Gemeindejugend. 

 
FOTOS: MARTINA KNOLL + HEIMATARCHIV TIERGARTEN (O. NR.)